PROF. DR. PHIL. STEFAN ASMUS

Interaktive Systeme. Hypermedia. Systemdesign.

asmus@asmus.de

ÄSTHETISCHES SYSTEM.
Ästhetisches System2020-09-16T21:47:32+02:00

s y n h i s t a m e i n. Zusammenhänge gestalterisch denken und praktisch umsetzen. Gegen den reduktionistischen Nihilismus im Design!

Der heutige Gestaltungsbetrieb hängt nach wie vor einem auf Dingwelten und Bestandfunktionalitäten reduzierten mechanistisch-ontologischen Denken an. Der Blick auf umfassende natürliche Zusammenhänge kommt in einer auf Digitalisierung und fortschreitender Mathematisierung der Lebenswelt ausgerichteten Perspektive zunehmend abhanden; die Komplexität lebendiger Beziehungen weicht einem pseudo-objektivistischen und fragmentierenden Nihilismus, der lebendige Vorgänge auf statistisch relevante Messgrössen reduziert.
So geht das Erstaunen am Wunderbaren verloren!

Aber nicht nur das. Reduktionistisches Denken ist dem Differenzierungniveau und Beziehungsreichtum evolutionärer Prozesse nicht angemessen. Es arbeitet gegen die natürlich-evolutionäre Ausrichtung, Wert und Relevanz aus Unterscheidungen und nicht aus höheren Offenbarungen oder politischen Dogmatiken zu beziehen. Die gelebte Praxis auf der Basis des reduktionistischen Denkens lautet: Simplifizierung, Überidentitätsdogmatik, Zerstörung!

Spätestens dort, wo sich insbesondere das heutige Kommunikationsdesign jenseits der Gestaltung von Buchumschlägen, Plakaten und Webseiten mit sozialen und zivilgesellschaftlich relevanten Fragestellungen befaßt (Social Design, Civic Design), wo die digitale Transformation als gesellschaftliche Transformation begriffen und gesellschaftlicher Strukturwandel als Gestaltungsaufgabe ernst genommen wird, wächst die Einsicht in die Notwendigkeit der Bereitstellung und methodologischen Aufbereitung gestaltungsrelevanter Beschreibungssprachen, die in ihrer Eigendifferenziertheit dem Auflösungsmodus und der Tiefendimension hochkomplexer Gegenstandsbereiche und Reflexionsinstanzen möglichst weitgehend entsprechen.

Die moderne Systemtheorie bietet sich hierfür an. Sie hat sich als System/Umwelt- Theorie von früheren kybernetischen Überlegungen emanzipiert und enorm weiterentwickelt. Ihre Beschreibungssprache ist differenzorientiert und nichtontologisch. Sie ist undogmatisch, kontingent und modellhaft. Sie rückt den entfremdeten Anthropos als primäre Erkenntnisinstanz  aus dem Zentrum der Weltbetrachtung in die Peripherie, wo er -wie die Objekte selbst- als Informationsträger nur im Kontext relevanter Umwelten taugt.

Systemisch-kybernetische Verfahren sind angebunden an exakte Naturwissenschaft, aber auch an eine Naturphilosophie mit metaphysischer Konstitution. Sie synthetisieren natur- und geisteswissenschaftliche Dimensionen, kombinieren Technik und Ästhetik. Sie plausibilisieren den Umgang mit offenen Welt- und Verstehenshorizonten und markieren das gestalterische Potential als risikobehaftet, modellhaft und reversibel.

Gestalter sind an der dynamischen Entwicklung, der Verbundenheit und Beschaffenheit natürlicher und künstlich-kultureller Prozesse und Artefakte interessiert, sie suchen nach Gestaltformationen im Möglichkeitenkosmos, den sie durch Überschreitung modellhaft ausleuchten. Die Überschreitung ins Unbekannte erzeugt einen Resonanzeffekt im Bekannten. Gestalter lassen den Erkenntniszugriff aufs Unbekannte mitschwingen, deshalb benötigen sie systematisch trainierten Umgang mit Beschreibungssprachen, die ihr Vorgehen begründbar machen und legitimieren.

Das gestalterische Denken und Handeln an die Exaktheit und phänomenale Reichweite der systemtheoretischen Beschreibungssprache zu koppeln, ist ein Hauptstrang  unserer Bemühungen. Der zweite Hauptstrang widmet sich dem Verhältnis von Mensch, Natur und technischem Artefakt, insbesondere auch den aktuellen Prozessen der digitalen Transformation unserer Gesellschaft. Dabei ist uns wichtig, nicht nur über Medien zu reflektieren, sondern technische Artefakte als Erweiterung unserer natürlichen Anlagen zu betrachten, den Computer bis in die aktuellen Formen künstlicher Intelligenz nicht als Werkzeug, sondern als erkenntnisgenerierendes Medium zu begreifen. Gemäß dieser Perspektivenverschiebung setzt Gestaltung digitaler Medien auf technischen Algorithmen und Codierungen auf, die ihre Wirkung im Kontext kommunikativer, kultureller und künstlerischer Dimensionen entfalten. Deshalb arbeiten wir mit einem erweiterten Gestaltungsansatz, der die Dimension von technischer Codierung, bildnerisch-anschaulicher Gestaltung (Poesie), sowie digitaler kultureller Evolution umgreift und in eine relevante gestalterische Praxis überführt.

Die hier vorgestellten theoretischen Positionen, Projekte und Arbeiten geben Kunde von der Verschränkung theoretischer und praktischer Bemühungen, wie sie innerhalb des Lehrgebietes Interaktive Systeme/Systemdesign an der Peter Behrens School of Arts der Hochschule Düsseldorf systematisch entwickelt und betrieben werden.

Vita Prof. Dr. Stefan Asmus

Stefan Asmus is a full time professor of interactive systems and systems design. Since the early 90s, he has been combining insights from systems theory, cybernetics and modern aesthetics with practical and application fields in the area of design development work.

Vorträge & Publikationen

Algorithmus und Poesie.
Überlegungen zur eigenständigen Wertigkeit der poetischen Dimension im Unterschied zur rechnenden Instanz, ihrer Logik und Algorithmen.
Vortrag auf dem internationalen Symposium „Design and Digitization„,
Düsseldorf, November 2018

Weltdesign.
Überlegungen zum gestalterischen Gegenstands- und Weltbezug unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisbestimmung von Leere und Fülle (Form).
Vortrag auf dem internationalen Symposium „Realism in Design„,
Düsseldorf, Mai 2017

Systemtheoretische Ästhetik.
Entwurf einer systemischen Epistemologie gestalterischen Denkens und Tätigwerdens im Digitalen Zeitalter.
Eine digitale künstlerisch-theoretische Skulptur.
Düsseldorf, 2016
www.asmus.de

Creating Space
Hg: Stefan Asmus, Reiner Nachtwey.
Fakultät Design PBSA Hochschule Düsseldorf, institut bild.medien
Düsseldorf 2016

Twenty years ago.
Medientheorie im Kontext der Nächsten Gesellschaft,
in: Dieter Fuder – Der Funke der Semantik. Designtheorie als Erkenntnismethodik.
Hg.: Irmgard Sonnen, Düsseldorf 2013

Das Design der Nächsten Gesellschaft

Vortrag Kunsthochschule für Medien,

Köln, Juni 2013

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Ästhetisches System

Der hier vorgelegte prototypische Entwurf einer adaptativ und modular angelegten Theoriearchitektur synthetisiert Erkenntnisse der Neueren Ästhetik, der Neuen Phänomenologie, des Neuen Realismus, der Bildwissenschaften, des Civic- und Next Society Design, sowie der Logik und Ästhetik der Hypermedien mit Parametern der Modernen Systemtheorie zu einer in ersten Ansätzen skizzierbaren Systemtheoretischen Ästhetik.

Die Arbeit versteht sich selbst als digitale künstlerisch-theoretische Skulptur. Ihr Erkenntnisgewinn ergibt sich derzeit durch triviale (nichtautomatisierte) Verknüpfung modular angelegter Theoriebausteine zu geschlossenen Verstehenszusammenhängen…

Eine komplizierte Welt verlangt nach gestalterischer Selektivität, nicht nach Simplizität!

Als Designer ist man aufgefordert, übersichtliche, einfache und handhabbare Lösungen zu erarbeiten. Es ist aber eine entscheidende Entwurfsschwäche Einfachheit unter Auslassung einer systematischen Reduktion von Komplexität herstellen zu wollen. Letzteres setzt voraus, den Gegenstand in seiner Vielschichtigkeit, Folgelastigkeit und Vernetzung zu erkunden und im Entwurfsprozess Alternativen gegeneinander abzuwägen. Die Entscheidung für eine einfache Lösung steht dann am Ende einer langen Selektivitätskette, die ein um das andere Mal um Begründungen ringt, das Möglichkeitenspektrum und die Zahl der Alternativen systematisch einzugrenzen. Demgegenüber steht die Entwurfsschwäche des Simplizisten, der diese Problemzusammenhänge schlicht unterschlägt.

Komplexität, Sinn, System

Warum sprechen wir im digitalen Zeitalter von Metaphysik?

Weil die Digitale Maschine und mit ihr alle rechnenden Instanzen der Gesellschaft einschließlich ihrer medialen Vermittlungsinstrumente einen Totalisierungstrend der Sichtbarkeit, der Simultanverfügbarkeit sowie der Oberflächenabsolutierung generiert und zwar unter folgenschwerer Auslassung phänomenaler Tiefen-, Unschärfe- und Hintergründigkeitserkundung der Wirklichkeitsstruktur. Die rechnende Maschine kennt weder die  Transzendenz der westlichen, noch die Immanenz der östlichen Denksysteme. Sie arbeitet sich an der Kompliziertheit von Vorgängen ab, nicht jedoch am Problem der Komplexität

Metaphysik

LANDESDEKANEKONFERENZ DESIGN NRW

Die Landesdekanekonferenz Design NRW ist eine bundesweit einzigartige Hochschulinitiative, die das Thema Designausbildung nachhaltig, überregional und international stärkt. Möglich macht dies der offene Austausch und die ergebnisorientierte Zusammenarbeit der neun Designfachbereiche der staatlichen Hochschulen in NRW. Das etablierte Arbeitsgremium Landesdekanekonferenz Design NRW bezieht Position zu wesentlichen Themen der Forschung und Lehre an staatlichen Design-Hochschulen in NRW.

Asmus ist Initiator und war bis zu seinem Ausscheiden als Dekan langjähriges Mitglied der Landesdekanekonferenz Design NRW. Er entwickelte gemeinsam mit Prof. Philipp Heidkamp (KISD) das Projekt des Designwanderns.

 

Kommunikationsdesign – ein Sachverhalt sui generis

Wenn Design grundsätzlich – so wie die Künste – ein auf hohe Qualität gerichtetes Bemühen ist, dann ist Kommunikationsdesign das Bemühen, diese Qualität im Verhältnis von Produzent und Rezipient, von Sender und Empfänger, von Intra- und Extrapsyche verständigungs- und informationsorientiert (verstehensgeschlossen) zu verorten. Deswegen ist Kommunikationsdesign in einem viel umfassenderen Sinne als Grafikdesign oder visuelle Kommunikation angewiesen auf Erkenntnisse und Beobachtungsweisen, wie sie in der modernen Systemforschung gewonnen wurden.

Vgl. Kommunikationsdesign / Soziodesign / Kommunikation

Zum Verhältnis von Kunst und Design.

Kunst und Design sind zwei Seiten einer Medaille, die wir mit Gestaltung zusammenfassend definieren. Beide Bereiche verbindet die Methodik, die Verknüpfung von Technik, inhaltlicher Relevanz und Poesie, sowie die zentrale Orientierung an Qualität. Aber: Bei allen Ähnlichkeiten des methodisch geleiteten konzeptuellen und entwerferischen Vorgehens lassen sich die Ziele von Künstlern und Designern jedoch klar unterscheiden.

Warum ist die Doppelkonstitution von Sinn (psychisch und sozial) wichtig für den Entwurfprozess?

Sinn sollte im Entwurfsprozess nicht in der Beliebigkeit subjektiver Zurechnung verschwinden, das könnte nach landläufiger Auffassung eher als Unsinn bezeichnet werden. Stattdessen läßt sich Sinn gegen die transzendentale Tradition als abwägendes und begründbares Verfahren verstehen, Möglichkeiten und Alternativen einzuschränken. Die Systemtheorie erklärt, dass Bewusstseins- und Kommunikationssysteme gleichermassen auf Sinn zurückgreifen, indem sie das Aktuelle auf jeweils andere Möglichkeiten hin überschreiten…

 

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